Kolumne: Frau Muggli und die Hebel

Golfsuisse 01-17

Frau Muggli und die Hebel

Frau Muggli hat jetzt zugegeben, dass sie sich für die neue Saison vorgenommen habe, fester draufzuhauen. Weil sie länger werden und für ein Par 3 nicht mehr den Driver nehmen wolle, denn das sehe doch irgendwie huäräpäinlich aus. Ich versuchte ihr zu erklären, dass beides falsch sei. Erstens sehe es nicht doof aus, wenn man für 120 Meter einen Driver spielt (Altbundesrat Dölf Ogi habe scheint’s mal mit dieser Methode ein Hole-in-one gemacht), und zweitens beschleunige man mit der Haudrauf-Methode nur die Hände, und dies wiederum habe keinen positiven Einfluss auf die Schlägerkopfgeschwindigkeit, weil sie bei dem Gefuchtel viel zu viel Energie vernichte. Frau Muggli verstand Bahnhof.

Ein Pro auf Zypern habe ihr gesagt, sie müsse sich vorstellen, im Loch einer Schallplatte zu stecken und sich dann um die eigene Achse zu drehen. Aber sie habe doch gar keine Schallplatten mehr – sie streame alles via Spotify.

«Okay, dann stellen Sie es sich so vor», nahm ich einen weiteren Anlauf, «Sie schleudern einen Hund an seiner Leine im Kreise herum. Wenn Sie wollen, dass er mit einer gehörigen Portion g Kraft durch die Luft propellert, dann müssen Sie sich schon ein bisschen drehen, damit Sie ihm das Feeling bescheren, das er hätte, wenn Sie ihn mit Isolierband am Ende eines Rotorblattes einer Windkra anlage festgeklebt hätten und es ihm die Lefzen hinter die Schlappohren reisst.» Frau Muggli schaute mich entgeistert an.

«By the way, was denken Sie, mit welcher Geschwindigkeit würde der Hund am Ende eines solchen Windmühlenblattes unterwegs sein?»* Frau Muggli schluckte leer. Dabei wollte ich ihr bloss sagen, dass sie nicht draufhauen, sondern lediglich ganz langsam und gewaltfrei schwingen solle. «Mit gestrecktem linkem Arm und mit abgewinkeltem rechtem Handgelenk aufdrehen – aber nicht zu weit. Einfach schön sauber und steil und den Winkel halten. Ihre Hände beschreiben einen Kreis. Der Schlägerkopf hingegen bewegt sich auf einer elliptischen Bahn. Es gibt also nicht einen inneren und einen äusseren Kreis, und es gibt auch nicht bloss einen Hebel, sondern eben deren zwei.» Frau Muggli staunte Bauklötze.

«Der erste Hebel entsteht durch das Dreieck der Arme (Angelpunkt Brustbein). Und der zweite ist der Golfschläger (Angelpunkt Hände). Der Schlägerkopf, der sich auf seiner ellipsenförmigen Bahn ballwärts bewegt, wird umso schneller, je länger Sie den Winkel halten und er daran gehindert wird, loszusausen. Die Hände beschreiben also eine minimale Strecke, die letztlich für einen maximalen Weg des Schlägerkopfes sorgt.» Frau Muggli atmete schwer.

Also versuchte ich zu vereinfachen: «Der erste Hebel ist für die Grundgeschwindigkeit verantwortlich und der zweite für die Power, sprich Länge. Vorausgesetzt, die Hände bleiben bis zum Gehtnichtmehr angewin- kelt!» Frau Muggli hörte auf zu atmen. Als ich sie fragte, ob sie «druuskomme», ob sie die Kausalität zwischen Ursache und Wir- kung, unter Berücksichtigung der Zeitachse verstanden habe, begann sie zu weinen.

* Die Geschwindigkeit von Dreiblattrotoren, wie man sie heute überall sieht, beträgt am Ende des Blattes zwischen 250 und 300 Kilometer pro Stunde. Würde man nicht denken, gell?


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