Golfsuisse 4, 2017
Frau Muggli und die Paarungswünsche
Frau Muggli hat jetzt zugegeben, dass sie kürzlich eine Begegnung der dritten Art gehabt habe. Auf einem wunderschönen Golfplatz im Bündnerland sei ihr ein Nacktwanderer entgegengekommen. Also nicht nackt, aber fast. Er habe sehr knappe orange Turnhöschen getragen und ein Netzhemd. Der Kumpel aus der kleinen Gemeinde Cumbel, seit 2012 offiziell Val Lumnezia, sei bekannt für sein naturalistisches Hobby, wandere und velöle fleissig. Nackt. Allerdings vornehmlich innerhalb der Gemeindegrenze seines Wohnorts. Sie selber habe ja nicht grundsätzlich etwas gegen Nacktwanderer, aber auf dem Golfplatz fände sie eine Aleggi, wie man sie von der Streetparade her kenne, irgendwie speziell.
Sie sei deshalb dann auch auf dem Sekretariat vorstellig geworden, um sich erst einmal über die Etikette des Clubs schlauzumachen. Es könnte ja sein, dass man im Golf der Zeit voraus sei und jeder so rumlaufen könne, wie ihm grad zu Mute sei. Das Gegenteil sei der Fall, beruhigte man sie im Clubhaus. Beim spärlich bekleideten Nacktwanderer handle es sich tatsächlich um einen solchen und der sei auch schon mehrfach auf sein bizarres Out t angesprochen und zur Einhaltung der Etikette ermahnt worden. Doch habe er ein Arztzeugnis vorgelegt, das bestätige, dass er aus gesundheitlichen Gründen nur in dieser extravaganten Aufmachung Golf spielen könne. Krass.
Es sei übrigens generell sehr unglaublich, was die Menschen in den Sekretariaten der Golfclubs so alles erleben müssten. Allein schon die Durchführung der Turniere, die Zusagen, die kurzfristigen Absagen wegen spontaner Krankheit (sprich: Regen) und dann erst die ganzen Paarungswünsche. Da gäbe es ja Mitglieder, die einen zur Weissglut treiben könnten. Also, sie sei diesbezüglich völlig entspannt und ihr sei eigentlich auch piepegal, mit wem sie im Flight zusammenspiele. Also einfach nicht mit ihrem Ex. Aber das hätten die im Sekretariat bereits so in ihrem Stammblatt vermerkt. Ausserdem sei dort auch festgehalten, dass sie nicht mit den Ruckstuhls spielen wolle, also weder mit ihm noch mit ihr, die seien nämlich beide sehr anstrengend, nicht mit den Grimaldis und auch nicht mit Lotti, weil die dauernd rauche, und erst recht nicht mit Gerda, die rede nämlich wie ein Wasserfall. Ferner nicht mit dieser aufgebrezelten reichen Kuh, die ausschliesslich in weissen Leinenblüschen spiele und an den Ohren Klunker hängen habe, die teurer seien als ihr Kleinwagen. Hinzu käme diese Frau Doktor, also die Ex des bekannten Schönheitsschnipplers, die, obwohl die beiden ja bereits seit Jahren getrennt seien, den Doktortitel behalten habe. Undenkbar sei es für sie, mit diesem Versicherungsschleimer mit dem komischen Bärtchen in einem Flight zu sein, aber auch eine Paarung mit Giorgio, dem Private Banker, der nach Regeln spiele, die auf der massgeschneiderten, risikominimierten Optimierung des Istzustandes basierten, gehe gar nicht. Das habe das Sekretariat so vermerkt. Aber sonst spiele sie eigentlich mit allen. Sie wolle ja niemandem auf die Nerven gehen wie dieser Nacktwanderer aus Cumbel.