Kolumne Herr Muggli und der Stau

Golfsuisse 02-13

Herr Muggli und der Stau

Herr Muggli schleicht hinter einem 89-jährigen Opelfahrer die Ringgiränggistrasse nach Arosa hoch. Mit 38 Kilometern pro Stunde. An Überholen ist nicht zu denken. Muggli telefoniert mit seiner charmanten Gattin und ärgert sich bis schier zur Unkenntlichkeit über den Opa mit den abstehenden Ohren. Erst trümmelt er mit den Fingern auf dem Lenkrad rum, dann wummert er mit beiden Händen aufs Armaturenbrett ein, bis die Zeiger zucken. Sein Blutdruck steigt, Schaum bildet sich in seinen Mundwinkeln. Frau Muggli kann ihn nicht verstehen, das heisst, sie kann ihn sehr gut verstehen, versteht aber nicht, was er brüllt. Seine Stimme überschlägt sich. Am liebsten würde er aussteigen und der Schlafmütze eins an die Ohren hauen! Genauso wie letzte Woche, als er vor dem Gubristtunnel in diesem vermaledeiten Stau strandete. Und dies «gopfertelli an einem ganz normalen Nachmittag um 15 Uhr 24!».

Nun ist es ja nicht so, dass an der Spitze eines Staus zwingend ein Toter liegt. Viel grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um einen zittrigen 89-Jährigen mit abstehenden Ohren handelt. So kumuliert sich das, aber das wissen Sie ja, es entsteht die berühmte Handorgel und einen Kilometer weiter hinten steht der Verkehr still. So, und genauso funktioniert es auch auf dem Golfplatz. Eine der ganz grossen Herausforderungen der Spielleitung ist es, den «Speed of Play» hochzuhalten. Ich erinnere mich an eine Runde mit einem Golfplatzmanager. Ich will jetzt keine Namen nennen. Vor uns trötschgelete ein Mann mit gelben Hosen über den Platz von Gams-Werdenberg. Und am 15. Loch haute es dem an sich sehr friedlichen Friedli den Nuggi raus und er sorgte persönlich für eine deutliche Beschleunigung.

«Speed of Play», also die Geschwindigkeit des Spiels, ist ein Thema, das sogar die Spitzenspieler auf der Tour betrifft. Und die Strafen für Zeitüberschreitungen sind ziemlich hart: Beim ersten Mal gibt’s eine Verwarnung, beim zweiten Verstoss einen Strafschlag, beim dritten zwei weitere Strafschläge und beim vierten folgt die Disqualifikation. Duuschä, heiga!

Letztes Jahr spielte ich auf Einladung einer namhaften Bank ein handicapwirksames Turnier. Als wir am dritten Loch, einem spektakulären Par 3, aufkreuzten, standen vor uns bereits drei Flights an. Ey, nach sechs Stunden und 38 Minuten kamen wir dann doch noch im Clubhaus an. Ich weiss jetzt nicht, wie Sie das sehen, aber sechseinhalb Stunden dünken mich lang. Drum sorgt unser Marshall dafür, dass niemand einschläft. Und zwar mit Hilfe der beliebten Friedlimethode: «Ball aufnehmen, Loch streichen und zum vorderen Flight söckeln. Und zwar diffig!» Eine Golfrunde dauert viereinhalb, von mir aus fünf Stunden. Aber dann hat sich’s. Machen Sie’s wie Frau Muggli! Sie spielt langsam – aber geht schnell. Zwei Pötts mit dem Pötter, ein Buugi und auf geht’s zum nächsten Abschlag. Vorbildlich. Hinter ihr Auto fahren, das möchte ich jetzt allerdings nicht unbedingt.


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