«Wer ist denn hier ausgestellt?» fragt Evelyne Biundo, die ab sofort im Schaufenster beim Jelmoli wohnt. Initiiert hat die Aktion Frank Baumann.
Bis zum 26. April teilt die Familie Biundo ihre Privatsphäre mit aller Welt. Die «Installation» mit lebenden Objekten stammt vom Werber und «Ventil»- Moderator Frank Baumann.
Von Adi Kälin, Tages-Anzeiger.
Dass Frank Baumann immer wieder für einen Scherz gut ist, weiss man mittlerweile. Als Moderator der Fernsehsendung «Ventil» lässt er ja kaum eine Gelegenheit aus, die ganze Nation auf die Schippe zu nehmen. Diesmal diente die versammelte Medienwelt als Zielscheibe. TV-Equipen, Fotografen und Leute mit Notizblock standen sich gestern nachmittag auf den Füssen herum und wussten bis zuletzt nicht, ob Baumann mit ihnen einen üblen (April-)Scherz getrieben hat. «Sicher nicht», versichert Baumann. Der 31. März sei einfach ein Zügeltermin, und für einen Aprilscherz sei die Aktion doch wohl zu teuer. – So richtig überzeugt hat er aber niemanden.
«Ich? Nie im Läbe!»
Man wollte es einfach fast nicht glauben, dass in diesem Schaufenster eine Familie vier Wochen lang ihren Alltag verbringen will – beobachtet von allen, die Lust dazu haben. Gegen 16 Uhr ist es dann doch soweit: Evelyne Biundo und ihr Töchterchen tauchen auf und beginnen gleich, ihre «Wohnung» einzurichten. Sofort sind ein Dutzend Kameras auf sie gerichtet. Fragen über Fragen kommen. Will sie es wirklich machen? Vier Wochen hier leben, so ausgestellt? «Wer ist denn hier ausgestellt», fragt sie zurück. «Wir hier drinnen oder die Leute draussen?» Und im Notfall könne sie ja immer noch die Bettdecke über den Kopf ziehen. Die Leute vor dem Fenster schütteln die Köpfe. «Da wirscht ja wahnsinnig», meint eine. Und fast allen ist klar: «Ich? Nie im Läbe!» Wenn die Familie Biundo bis 26. April durchhält, bekommt sie ein Honorar von 10 000 Franken.
Bad ist abgetrennt
Das Geld ist sauer verdient: Das Leben im Fensterraum, der etwa drei Meter tief und zwanzig Meter lang ist, wird kaum einfach werden. Nur gerade Badezimmer und WC sind hinter Rolladen und Vorhang verborgen. Küche, Wohn- und Schlafzimmer sind dagegen direkt einsehbar. Ein Securitas-Wächter, der rund um die Uhr vor dem Schaufenster steht, sorgt dafür, dass die Biundos nicht belästigt werden. Im übrigen soll die Familie ihr ganz normales Leben leben. Agostino, der Vater, wird seiner Arbeit als Bauarbeiter nachgehen, die ältere Tochter wird am Morgen zur Schule gefahren. Evelyne Biundo will mit der kleineren Tochter «sicher auch bummeln gehen, wenn wir schon einmal in Zürich wohnen».
Einfach sehen, was passiert
Was aber soll die ganze Sache? Frank Baumann findet die Aktion einfach «spannend». Die Idee habe er schon länger mit sich herumgetragen. «Am liebsten hätte ich natürlich das Lochergut auf einer Seite aufgeschnitten.» Den Familienalltag zur öffentlichen Sache machen, die Diskussionen verfolgen, einfach sehen, was passiert. Sicher sei es auch ein Experiment, findet Baumann. Kunst sei es dagegen nicht, nur ein «Installatiönli». «Es ist doch spannend, eine solche Lawine loszutreten.»
«Zufällig» eine Ladeneröffnung
Sämtliche Medien haben sein Spiel mitgespielt. Einige haben schon Tage im voraus berichtet und die Familie Biundo beim Einpacken ihrer Siebensachen präsentiert. «Ein riesiger Medien- und Telefonstress» sei es gewesen, findet Evelyne Biundo. Im Vergleich dazu sei der Einzug an der Seidengasse geradezu ruhig verlaufen – obwohl alle Zürcher Zeitungen und Lokalradios sowie TeleZüri und RTL vor Ort waren. Baumanns Idee hat sich auf einer Ferienreise in Brasilien konkretisiert. Der Möbelhändler Iwan Colombo hat ihm dort angeboten, das Experiment zu finanzieren und ein Schaufenster zur Verfügung zu stellen.